„Nein!“

6.8.2008 von oliver

„Fass das nicht an!“ „Sei vorsichtig!“ „Bleib hier!“ „Nicht in den Mund stecken!“ Dies ist ein Auszug dessen, was ich mir zur Zeit täglich anhören darf. Aus organisatorischen Gründen wurde mir für diesen Monat die Rolle des Hausmanns und Kita-Eingewöhners übertragen. Ich verbringe also täglich eine Stunde mit unserem Sohn in der Kita, damit er sich an die neue Umgebung gewöhnen kann und wir ihn im Erfolgsfall bald tagsüber dort lassen können. Ich bin nicht der Einzige in dieser Funktion. Im Schnitt finden sich in der Kita noch zwei bis drei Mütter ein, um den Kindern beim Spielen zuzusehen und im „Notfall“ tröstend zur Seite zu stehen. Die Mutter des zweijährigen Lukas ist zusätzlich Kontrolleurin für ihren Sohn. „Leg das wieder hin!“ schreit sie ihm zu.


Foto: Varavas

Lukas ist bemüht, seine Mutter zu ertragen. Er versteht sie nicht. Keiner von uns versteht sie. Die Kitas sind zum Spielen da. Spielzeug ist dafür gemacht, dass man es herumtragen, fallenlassen oder in den Mund stecken kann. Es gibt kaum etwas in diesem Raum, was man kaputt machen kann. Und dennoch: Lukas scheint alles falsch zu machen.

Wie ernst sind Warnungen und Verbote zu nehmen, wenn sie 90% der Kommunikation ausmachen? In der 12-Monate-Ausgabe der Berliner Elternbriefe war eine Beilage zum Thema „Gewaltfreie Erziehung“. Mit all den Antworten auf Fragen wie „Was tun, wenn mein Kind streikt?“ oder „Wie setzt man dem Alter des Kindes angemessene Grenzen?“ Kinder sind neugierig. Erlaubt man ihnen das nicht, stimmt das Umfeld für sie nicht. Kinder testen ihre Grenzen. Das ist auch nichts Neues. Kinder brauchen die Aufmerksamkeit der Eltern. Die Kinder, denen sie fehlt, finden schnell heraus, dass sie Aufmerksamkeit durch Widerstand bekommen. Ich sehe das an unserem Sohn: Setzt man ihn gegen seinen Willen auf den Boden, steht er schon bald an der Pflanze und zupft an den Blättern herum.

Lukas Mutter reißt ihn nun am Handgelenk zu sich. Er war wohl auf dem Weg zur Tür, obwohl er den Raum doch nicht verlassen soll. Sie drückt ihn zu Boden und ermahnt ihn ein weiteres Mal. Wir anderen wollen gar nicht wissen, was da zu Hause noch alles passiert. Lukas schämt sich. Alle haben es gesehen. Was hat er heute gelernt? Der Stärkere gewinnt. Ich bin froh, dass unser Sohn nicht mit ihm in derselben Gruppe sein wird.

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