Die einsame Welt der Radiomoderatoren
Im Laufe der letzten zwei Jahre war ich immer wieder zu Interviews im Radio eingeladen. Jedes dieser Interviews begann mit einem Adrenalinkick zu Beginn (‚Das werden jetzt mindestens 100.000 Leute hören!‘), hinterließ dann jedoch fast immer ein ziemlich ernüchterndes Gefühl. Denn es gab jedes Mal nur ca. 3 x 1 Minute Sprechzeit, von der schon eine Minute für die Begrüßung und den Abschied wegfällt. Was soll man also in zwei Minuten erzählen?
Foto: Ellissay
Der Moderator wird sich ein paar offensichtliche Fragen aus den Fingern saugen, man wird die üblichen Antworten geben. Dabei darf man nicht zu lange sprechen, denn das langweilt die Hörer. (Ein geübter Moderator wird hier schnell unterbrechen.) So eignet man sich im Laufe der Zeit ein paar Sprüche und Sätze an, die dann in jedem Interview zu hören sind. Schafft man es dabei, die Hörer zu unterhalten, ist schon ein großer Schritt getan. Auf der anderen Seite kann ich es einem internationalen Star nicht verübeln, wenn er nach einer Million mal derselben Frage entweder gar nichts antwortet, Blödsinn redet oder mit Insider-Witzen kommt, die keiner versteht. Es wird auch nicht stören, denn die Hörer nehmen das Interview auch nur marginal wahr. Radios laufen nebenher auf Arbeit, während dem Autofahren, in der Küche beim Kochen oder beim Frisör während dem Haareschneiden. Die Hörer sind also ohnehin zu beschäftigt, um genau hinzuhören.
Radiomoderatoren wissen das. Sie sitzen alleine in diesem hochtechnologischen Studio und verbringen die meiste Zeit damit zu warten, bis das aktuell laufende Lied zu Ende ist. Das Lied läuft von der Festplatte, so dass der Gang zum Plattenarchiv überflüssig ist. In heutigen Zeiten würde das ein Radiomoderator aber ohnehin nicht tun, da so gut wie jeder deutsche Sender heutzutage einem „Format“ folgt, das genau vorschreibt, welche Musik zu spielen ist. (Entscheidend sind hierfür die Ergebnisse von Marktforschungsunternehmen, die für die Sender die gewünschte Zielgruppe anruft, ihnen 3 Sekunden eines Liedes vorspielt und notiert, ob der Angerufene das Lied mag oder nicht.) Also selbst der zuständige Musikredakteur hat es schwer, das durchzusetzen, was er für gute Musik hält. Der Moderator dagegen muss nur reden. Zwei Mal pro Stunde den Verkehr und das Wetter, einmal „Hallo“ zu Beginn der Sendung, vier Mal einen Titel ansagen und vielleicht noch einmal einen inhaltlichen Beitrag ankündigen. Und dabei stimmlich immer zu Hochform auffahren (was noch schlimmer ist bei den „Jugendformaten“). Danach immer Stille, abwarten. Der Beruf des Radiomoderators ist ein einsamer, so scheint es mir.
Ein wenig erinnert mich das an den Beruf des Flugzeugpiloten. (Ja, auch ich wollte als Kind mal Pilot werden.) Es kommt auf Start und Landung an. Während des Fluges dann Protokoll führen, Anweisungen zur Höhenkorrektur befolgen, sich zwischendurch den Fluggästen vorstellen. Warten. Gähn. Im Gegensatz zum Radiomoderator genießt der Pilot jedoch bei den Frauen ein hohes Ansehen. Und ich weiß aus erster Hand, dass die sogenannten „Layovers“ mit Piloten und Stewardessen im ausländischen Hotel oftmals so ablaufen, wie man sich das als Außenstehender vorstellt. Vielleicht sollte ich mich demnächst mal lieber für einen Job als Pilot interviewen lassen.
Unter Allgemein
27.9.2007 um 01:14
Haha, „Layover“, geiles Wort!
Selbiges kann ich nach meiner kürzlich erfolgten ersten Dienstreise auch bestätigen. Liebe Ehefrauen, auch dort geht es so zu, wie man es sich nicht vorstellen möchte. Und Radiomoderator ist mit Sicherheit ein öder Job und nach ein paar Jahren sind die Stimmbänder durch und dann wartet ein Job im Archiv oder so…