Hinter schwedischen Gardinen II
Wir verließen das Backsteingebäude der Kurzzeitinsassen. Die Tür fiel zu und hinter uns drehte sich ein großer alter Schlüssel im Schloss. An der lecker nach frischen Brötchen duftenden Gefängnisbäckerei lief unser Grüppchen vorbei zu den Lebenslänglichen, die im Wohngruppenvollzug leben. Wohngruppenvollzug heißt: man darf sich im Haus tagsüber frei bewegen, die Zellen sind etwas größer und haben einen abgetrennten Toilettenraum, es müssen sich weniger Inhaftierte einen Duschraum teilen und es gibt mehrere gemeinsame Küchen, in denen gekocht werden kann. Er kommt insbesondere für Gefangene in Frage, die bereit sind, sich mit ihrer Tat auseinander zu setzen. Im 50er-Jahre Gebäude standen einige ältere Inhaftierte herum und hielten ein gemütliches Schwätzchen. Einer war gerade dabei, seine Zelle zu putzen. Als wir vorbeikamen, scherzte ein dicker, lustig aussehender Lebenslänglicher mit runder Hornbrille, ob wir uns denn schon eine Zelle ausgesucht hätten. Neben ihm stand ein neugierig und milde lächelnder, schon etwas tatterig wirkender Mithäftling, geschätzte 70 Jahre alt, mit beigefarbenem Wollsacko. Ein älterer Herr, wie man ihn hundertfach auf Berlins Straßen sieht. Im Gegensatz zu den Herrschaften mit Straftaten der mittleren Kriminalität wirkten sie überhaupt nicht kriminell und nicht agressiv. Mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe vor sich geht man wohl wesentlich entspannter und bewusster mit dem Leben im Gefängnis um.
Foto: Colin Broug
Dann erhaschten wir noch einen Blick in den Besucherraum. Mehrere kleine Tische im Kantinen-Stil und Spiegel an den Wänden, damit die Wachtmeister den Überblick nicht verlieren. Im Besuchertrakt befindet sich auch noch ein kleines Apartement für privilegierte Insassen, die dort mit bestimmten Personen (Kinder, Verwandte, Partnerin, nicht: Prostituierte) einige Zeit in Privatsphäre verbringen können.
Auf dem Weg zum Ausgang bot sich uns dann der Anblick einer durchaus sinnvollen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: zwei Häftlinge waren damit beschäftigt, die Papiermülltonnen zu füllen. Einer stand unten vor der Tonne und reichte Pappe und Papier hinauf. Der andere stand in der Mülltonne und trat das Papier flach. Da geht noch was rein!
Durch die Sicherheitsschleuse ging es nach draußen. Betasten der Innentasche. Erleichterung, die Besucherpappe ist zum Glück noch da. Man kommt wieder raus! Besucherpappe wieder abgeben. Personalausweis in Empfang nehmen. Und wir waren zurück, schnupperten Freiheit und nahmen die Handys wieder in Betrieb. Willkommen zurück in der Welt.
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