Küsschen!
Als ich vor einer Weile Angela Merkel und Nicolas Sarkozy sah, wie sie sich „la bise“ – die französische Form der Begrüßung – gaben, fiel mir auf, dass ich unter verschiedenartigen Gruppierungen unterschiedliche Begrüßungsformen beobachtet habe.
Ein Standard unter jüngeren Leuten wird wohl die normale kurze Umarmung sein. Küsschen links und rechts sind auch üblich. Es scheint jedoch so, als ob diese französische Begrüßung häufiger unter schick gekleideten Leuten üblich ist. Auf mich macht das häufig den Eindruck, als wollen die Küssenden einen gewissen Abstand wahren. (Ich habe diese Begrüßung auch häufig in der Werbe-, Musik- und Filmbranche beobachtet.) Etwa: „Komm mir nicht zu nahe, du könntest meine Frisur durcheinander bringen.“ Küsschen sind auch so herrlich unverbindlich. Man kann jemanden so begrüßen, auch wenn man ihn gar nicht leiden kann. Das begleitende gequälte Lächeln sagt: „Du könntest dennoch für mich wichtig werden. Ich will’s mir daher nicht mit dir verscherzen.“
Bild: Orin Optiglot
In Nordamerika stellte ich fest, dass so gut wie immer der Handschlag angewendet wird, was einen noch distanzierteren Eindruck macht. Auf der anderen Seite entfällt der unangenehme Moment, in dem beide nicht wissen, ob man sich jetzt mit Umarmung, Küsschen oder Händedruck begrüßt. Es ist einfach. Händedruck. Bei Männern sowie bei Frauen.
Die unangenehmste Situation jedoch ist die, in der man pärchenweise unterwegs ist, wobei sich die beiden Frauen gut kennen, die Männer aber nicht. Wie verabschiedet man sich dann? Die beiden Frauen werden den Anfang machen und sich herzlichst und lange umarmen, während die beiden Männer daneben stehen und sich beschämt anschauen. Letztendlich werden sie sich dann die Hände geben. Daraufhin folgt die kreuzweise Verabschiedung. Umarme ich jetzt die Freundin meiner Freundin oder geben wir uns die Hand? Wichtig ist ein frühes, klares Signal. Wenn das fehlt, kann es schon mal passieren, dass der eine die Hand ausstreckt, während der andere zur Umarmung ansetzt. Problematisch ist es auch, wenn man sich dann umarmt, während meine Freundin und der Freund ihrer Freundin sich nur die Hände geben. („Warum ist deren Verhältnis denn so innig?“) Oder mit einem kurzen Wink und einem verkrampften Lächeln einfach nur „Tschüss“ sagen.
In diesen Momenten ist mir die amerikanische Verabschiedung oft lieber.
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